Das 800-Volt-SUV mit Luftfederung und elektrischen Türen hat uns überzeugt. Es gibt aber einen Haken.
800-Volt-Technik, selbst entwickelte Akkus mit sehr schnellem Laden, die dazu passenden DC-Lader, autonom fahrende Shuttles und ein Laderoboter: Die Geely-Tochter Zeekr darf man getrost als Hightech-Marke bezeichnen. Wir haben nun den Zeekr 7X getestet. Das Mittelklasse-SUV ist das nächste Modell, das in Europa auf den Markt kommt.
Technische Basis des Zeekr 7X ist die Geely-Plattform SEA, die jedoch so flexibel ist, dass sie mehr ein Konzept als eine Plattform darstellt, wie mir ein Zeekr-Fachmann sagte. Das ist plausibel, denn auf SEA basieren Fahrzeuge mit 400 Volt wie mit 800 Volt und so verschiedene Modelle wie der kleine Smart #1 und die Oberklasse-Limousine Volvo ES90.
Exterieur | Interieur/Bedienung | Antrieb/Akku | Preise/Marktstart | Fazit
Mit 4,79 Meter Länge ist der Neuling ein Konkurrent des Tesla Model Y, Audi Q6 e-tron/Porsche Macan und Mercedes EQE SUV. Die Front mit der durchgehenden schwarzen Blende (hinter der sich die Sensoren verbergen) wirkt futuristisch und imposant, aber nicht aggressiv. Die übrige Karosserie ist eher kastenartig wie bei einem echten SUV, auch wenn man sich Mühe gegeben hat, die Silhouette etwas eleganter wirken zu lassen. Der Wagen wirkt glatt, die Griffe sind versenkt und die Türen rahmenlos. Als Farben werden Weiß, Grau und Schwarz sowie ein British-Racing-Green angeboten.
Bei den Basismodellen des Zeekr 7X poppen die versenkten Türgriffe heraus, sobald man sich mit dem Schlüssel in der Tasche dem Auto nähert. Meine Allradversion dagegen hat Knöpfe an B- und C-Säule. Ein Knopfdruck, und die Tür öffnet sich elektrisch. Anfangs stelle ich mich direkt vor die Tür wie gewohnt, und dann stoppt der Vorgang, weil die Tür mich als Hindernis erkennt. Nach dem dritten Einsteigen habe ich den Bogen raus, ich stelle mich seitlich auf und finde es prima. So spektakulär wie Flügeltüren ist dieser Trick natürlich nicht, aber um die Nachbarskinder zu begeistern, reicht es wohl.
Innen empfängt einen ein Cockpit mit einem Instrumentendisplay und einem großen 16-Zoll-Touchscreen, die hier ausnahmsweise mal nicht direkt nebeneinander angeordnet sind. Der Allradler hat zudem noch ein Head-up-Display. Es zeigt auch die Fahrzeuge um einen herum, vom Radler bis zum Lkw. Sicher nicht wirklich nötig, aber nett. Wie das Außensound-Feature, mit dem man den suchenden Partner auf dem Supermarktparkplatz auf das Auto aufmerksam machen kann: Man lässt den Wagen einfach wiehern oder miauen.
Die Elektronik ist schon angeschaltet, wenn man Platz nimmt, einen Startknopf gibt es hier nicht mehr. Auch sonst finden sich nur wenig physische Tasten und Knöpfe. Spiegel und Lenkrad werden mit Touchscreen und den Lenkradtasten eingestellt - gut finde ich das immer noch nicht, aber nachdem ich nun etliche solche Autos getestet habe, gehe ich mit einem Achselzucken drüber hinweg.
Unter dem Touchscreen finden sich vier physische Bedienelemente, unter anderem für die Fahrmodi (Normal, Sport etc.), die Lautstärke, fürs Öffnen des Handschuhfachs und ein "Custom Button", mit dem man aber nur fünf Funktionen auswählen kann. Oft benötigte Einstellungsmöglichkeiten werden angezeigt, wenn man auf dem Touchscreen von oben nach unten wischt. Schön wäre es, wenn man hier auch die Einstellungen zur Rekuperation finden würde (wenn es schon keine Lenkradwippen dafür gibt).
Um loszufahren, drücke ich den Hebel rechts am Lenkrad nach unten, damit wird der D-Modus aktiviert. Drücke ich nochmal, wird der Abstandstempomat (ACC) aktiv. Ein Blick über die rechte Schulter zeigt das riesige Glasdach, das bis über die hinteren Kopfstützen reicht. Die Rundumsicht ist ordentlich:
Im Fond habe ich mit meinen bescheidenen 1,76 Meter Körpergröße viel Platz. Auch der Kofferraum ist mit 543 Litern groß; das Maximalvolumen wird nicht angegeben. Gut gefällt mir, dass die Strebe, an der das Rollo zur Kofferraumabdeckung angebracht ist, ziemlich leicht ist und sich auch einfach herauslösen lässt. Zudem findet sie in einem Unterboden-Fach Platz. Und beim Umklappen der Rücksitze wird der Ladeboden schön eben.
An der rechten Kofferraumwand gibt es zwei Schalter, mit denen sich das Fahrzeug zum Beladen absenken lässt, denn der getestete Allradler hat serienmäßig eine Luftfederung, mit der die Bodenfreiheit um sieben Zentimeter verändert werden kann. Die macht den Zeekr 7X deutlich komfortabler als etwa den Zeekr 001. Dennoch wankt und schwankt das Auto in der Kurve kaum und wirkt nicht so schwammig wie mancher Mercedes, wenn man bei 60 bis 80 km/h ein wenig hin- und herlenkt. Das geringe Wanken hilft, denn die Sitze bieten wenig Seitenhalt.
Der Zeekr 7X ist sehr großzügig motorisiert. Während viele Mittelklasse-SUVs in der Basisversion einen rund 200 kW starken Heckantrieb haben, bietet das 7X-Einstiegsmodell 310 kW, die Allradversion sogar 470 kW. Das AWD-Modell soll den Normsprint in nur 3,8 Sekunden beenden. Und wirklich: Der Wagen beschleunigt geradezu explosiv. Mit den 3,8 Sekunden liegt das Auto zwischen dem schnellsten Porsche Macan Electric (3,3 Sekunden) und dem Macan 4S (4,1 Sek.), die allerdings über 90.000 Euro kosten, während für meinen 7X nur rund 63.000 Euro verlangt werden. Zudem ist der 7X so stark, dass zwei Tonnen schwere Anhänger gezogen werden können.
Technische Daten des Zeekr X als PDF zum DownloadFür den Antrieb sorgt hinten eine Permanentmagnet-Synchronmaschine (PSM), vorne aber eine Asynchronmaschine (ASM), wie mir die Fachleute erklären. Die ASM wird einfach stromlos geschaltet, wenn nicht die volle Power benötigt wird. Die Rekuperation lässt sich nur über den Touchscreen einstellen. Hier gibt es die Optionen Normal und Strong, wobei im "Strong"-Modus schon ganz ordentlich verzögert wird. Bis zum Stopp kommt man aber nur, wenn zusätzlich noch ein Häkchen fürs "One-Pedal-Driving" gesetzt wird.
Ein Highlight des 7X sind die Batterien, die zu den am schnellsten ladenden Akkus der Welt gehören: Die Basisversion hat die von Zeekr selbst entwickelte Golden Battery mit 75 kWh und LFP-Chemie. Sie lässt sich mit bis zu 480 kW in nur 10,5 Minuten von 10 auf 80% bringen - allerdings nur über den chinesischen Ladeanschluss und nicht mit hierzulande verfügbaren Ladern. Aber auch mit einem 360-kW-Lader soll der Ladevorgang nur 13 min dauern.
Bei der großen 100-kWh-Batterie des gefahrenen 7X AWD handelt es sich um die Qilin-Batterie von CATL, die mit ihrer NMC-Chemie an europäischen DC-Ladern den Standard-Ladevorgang in nur 16 min schafft.
100 kWh sind die von Zeekr kommunizierte Speicherkapazität. Auf meine Nachfrage hin sagten mir die Zeekr-Fachleute jedoch, dass sogar 103,8 kWh nutzbar sind - die offizielle Angabe ist also reichlich konservativ. Damit sind 543 Kilometer im WLTP-Zyklus möglich: nicht schlecht, aber im D-Segment nur Mittelmaß. Auch die Long-Range-Variante (dem 310-kW-Hecktriebler mit der 100-kWh-Batterie) schafft es mit 615 km Reichweite nicht in die Top Ten der reichweitenstärksten Modelle.
Dafür lädt der Wagen sehr schnell auf, wie man an der obigen Vergleichstabelle sehen kann. Schneller lädt unseres Wissens nur noch der Lotus Emeya (99 kWh netto in 14 min, also 5,0 kWh/min). Das alles gilt aber nur an 800-Volt-Säulen wie denen von Ionity.
An 400-Volt-Schnellladern (die in Deutschland immer noch rund 70 Prozent ausmachen) dagegen geht es nur im Schneckentempo voran. Hier wird die niedrige Spannung der Säule durch einen Booster auf 800 Volt gebracht. Dieser Aufwärtswandler limitiert jedoch die Ladeleistung auf kümmerliche 80 kW, wie mir auf Nachfrage erklärt wird. Hier ist der Macan mit seinem Bankladen im Vorteil; damit sind an der 400-Volt-Säule immerhin noch 135 kW möglich. Man habe das Problem erkannt, sagt man bei Zeekr seufzend; in China gebe es halt kaum mehr 400-Volt-Lader.
In der Praxis ebenfalls wichtig ist das Reichweite-Nachladen. Hier erreicht der 7X AWD einen Wert von 543 km x 0,7 / 16 min = 23,8 km/min. Das bedeutet: Man kann in einer Minute Wartezeit an der Säule Strom für rund 24 km nachladen (durchschnittlich, im SoC-Bereich von 10-80%). Auch das ist ein hervorragender Wert. Der Macan 4S liegt bei etwa 17 bis 20 km/min.
Der Zeekr 7X unterstützt bidirektionales Laden und hat serienmäßig einen 22-kW-Bordlader sowie eine Wärmepumpe. Außerdem besitzt er eine automatische Vorkonditionierung der Batterie. Alternativ kann man den Vorgang auch manuell starten.
Was die Ladeplanung angeht, so errechnete das Auto relativ schnell eine Route von Lissabon nach Paris. Die Empfehlungen für die einzelnen Ladestopps waren plausibel. Aber vorsichtigen Personen könnten 10 Prozent Restladung bei der Ankunft am Lader (wie bei mehreren Ladestopps auf unserer Beispielroute, siehe Bild oben) zu knapp sein - und diesen Wert kann man nicht einstellen.
Außerdem kann man die Ladestationen zwar nach Anbieter, aber nicht nach Ladeleistung filtern. Allerdings muss man hier die Kirche im Dorf lassen: Die Grundfunktionalität ist vorhanden, was nicht jedes neue Elektroauto von sich sagen kann. Es gibt halt noch Verbesserungsmöglichkeiten.
In Holland, Schweden und Norwegen kann man den Zeekr X schon konfigurieren. In den Niederlanden kostet das 310-kW-Basismodell mit 480 km Reichweite 52.990 Euro, die Long-Range-Variante mit 310 kW und 615 km Reichweite gibt es ab 55.990 Euro und das von uns getestete Topmodell mit 470-kW-Allradantrieb mit 543 km Reichweite schlägt mit 62.990 Euro zu Buche. Das sind humane Preise, zumal angesichts der sehr reichhaltigen Ausstattung.
Der Haken dabei ist, dass es für die Markteinführung in Deutschland noch keine sehr konkrete Perspektive gibt. Irgendwann in den nächsten 24 Monaten soll es soweit sein. Wobei wir uns auch dafür nicht verbürgen würden, denn die Modelle Zeekr 001 und Zeekr X waren für 2024 angekündigt, sind aber in Deutschland nach wie vor nicht erhältlich.
Warum die Zurückhaltung beim Marktstart in Deutschland? Nun, erstens gibt es in Deutschland derzeit immer noch eine starke Kaufzurückhaltung bei Elektroautos, sagt mir Zeekr-Europa-Chef Lothar Schupert. Deshalb bekämen die Verkäufer Elektro-Quoten vorgegeben und große Premium-Fahrzeuge wie der BMW iX würden für Leasingraten von 299 Euro in den Markt gedrückt. (Das stimmt tatsächlich, wir haben ein solches Angebot bei CheckCars24 gefunden). Da Zeekr als kleine Marke nur eine Markteinführung nach der anderen machen kann, zieht man Länder mit besseren Chancen vor, auch wenn das den Deutschen Schupert schmerzt.
Der Zeekr 7X ist ein faszinierendes Stück Technik. Mit 800-Volt-System, Luftfederung, Head-up-Display, elektrisch öffnenden Türen und so manchem netten Feature kann das Auto locker mit deutschen Premiumfahrzeugen wie dem Audi Q6 e-tron mithalten. Auch Materialqualität und Design passen, die Ausstattung ist hervorragend. Und das alles zu deutlich niedrigeren Preisen als bei Audi oder Porsche.
Das Modell hat uns also überzeugt. Es gibt aber einen Haken, und der wurde schon erwähnt: Das Auto wird es bis auf Weiteres nicht bei uns in Deutschland geben. Das hat mit der traurigen Marktsituation hierzulande zu tun. Hoffen wir also, dass der Elektroauto-Absatz hierzulande bald wieder anzieht. Anzeichen dafür gibt es schon: Im März 2025 stieg der BEV-Anteil an den deutschen Auto-Verkäufen auf immerhin 17 Prozent.