Walluf, 26. August 2003 Cabriolets sind Schönwetter-Fahrzeuge. Deshalb sollte man annehmen, dass offene Versionen in Nordeuropa aufgrund der oft kühlen Witterung wenig gefragt sind. Doch das Gegenteil trifft zu. In den Schönwetter-Märkten Südeuropas werden Cabriolets deutlich seltener gekauft als im Norden. Das liegt paradoxerweise am zu heißen Klima südlich der Alpen.
Anlässlich der Markteinführung des neuen Saab 9-3 Cabriolet in Deutschland haben wir verstanden warum. Bei Testfahrten im Rheingauer Glutofen bei knapp unter 40 Grad Lufttemperatur verging uns der Spaß am offenen Fahrmodus. Mit der Mittagshitze mussten wir per Knopfdruck bedauerlicherweise die schützende Pelle überstülpen und die Klimaanlage auf vollen Touren laufen lassen. Schade eigentlich. Denn die Frischluft-Brause im offenen Skandinavien-Express macht richtig Laune.
Schick wie seine Vorgänger
Schön ist er, der neue Kapuzen-9-3. Sein Auftritt sorgt jedoch für keine Überraschung. Die Experimentier- freudigkeit bei der äußeren Formgebung hielt sich in Grenzen. Das neue Outfit orientiert sich am vornehm wirkenden Vorgänger. Dennoch setzt der neue 9-3 attraktive Akzente. Dazu zählt eine straffere und dynamischere Optik mit markanten und modernen Front- und Heckleuchten. Geschlossen strahlt er dank seiner coupéhaften Seitenlinie viel Eleganz aus.
Rundlich und edel im Innenraum
Nordisch-elegant ist auch der Innenraum. Die Bedienung funktioniert abgesehen von einigen Saab-typischen Besonderheiten - wie dem Zündschloss in der Mittelkonsole - tadellos. Alles findet sich am gewohnten Platz. Auch gestalterisch ist der Spagat zwischen Markenidentität und intuitivem Bedienkomfort gelungen. Das Interieur auffallend kurvenreich, rundlich und edel. Für ein Fahrzeug im Premium-Segment finden sich in der Verarbeitung des 9-3 jedoch kleine Schwächen.
Schützende Haube
Geschlossen sorgt das mehrschichtige Stoffdach für Geborgenheit im Innenraum. Abgeschirmt vom Fahrtwind, ist das Geräuschniveau erstaunlich niedrig. Ab 80 km/h werden Windgeräusche wahrnehmbar, bis 120 km/h bleibt es aber noch angenehm leise. Gut ist auch die Kopffreiheit mit geschlossener Haube. Selbst die Sicht ist für ein geschlossenes Cabriolet bemerkenswert gut. Einstieg und Platzangebot sind vorne großzügig und für die hinteren beiden Sitzplätze akzeptabel.
Saab preist das neue 9-3 Cabriolet als Ganzjahres-Fahrzeug an. Im Winter soll das Verdeck vor Kälte schützen. Wir mussten hingegen aufgrund extremer Hitze und starker Sonneneinstrahlung unterm Faltdach Deckung suchen. Die Klimaanlage schafft selbst bei hohen Außentemperaturen eine angenehme Innenraum-Atmosphäre und schaltet sich automatisch ab, sobald das Verdeck geöffnet wird. Manuell kann sie auch im offenen Zustand eingeschaltet werden.
Frischluft-Dusche per Knopfdruck
Komfortabel ist der vollautomatische Verdeckmechanismus: Bis zu einer Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h kann das Dach per Knopfdruck betätigt werden. Innerhalb von 20 Sekunden verschwindet es vollständig und ohne weiteres Aufheben im Kofferraum. Das Stauvolumen im Gepäckabteil verkleinert sich dann von 352 auf 245 Liter. Offen sind die deutlich spürbaren Turbulenzen im Innenraum selbst bei zügigem Reisetempo erträglich.
Ganz schön mopsig
Aufgrund des fehlenden Dachs musste für die Steifigkeit der Karosserie einiges getan werden. Das Resultat kann sich sehen lassen. Das Cabriolet-Zittern bleibt auf niedrigem Niveau. Gänzlich ohne Verwindungen geht es trotz des hohen Materialeinsatzes nicht. Aufgrund der Karosserieversteifung ist der leistungsstarke Viersitzer für die sportliche Gangart etwas schwer geworden. Die über 200 Kilogramm Mehrgewicht gegenüber der Limousine machen den von uns gefahrenen 175 PS starken 2.0t mit seinen knapp 1,7 Tonnen etwas zu mopsig.
Pfeifen signalisiert Leistung
Der turbogeschwängerte Zwei-Liter-Benzinmotor ist ein dezent säuselndes Triebwerk. Erst mit dem Einsetzen des Turbopfeifens signalisiert die Maschine den eindrucksvollen Drehmomentzuwachs ab 2.500 Umdrehungen. Dann stehen die vollen 265 Newtonmeter zur Verfügung und sorgen für respektablen Vorschub. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 220 km/h erreicht. Der Sprint von null auf 100 km/h ist nach neun Sekunden beendet. Aufgrund des Mehrgewichts büßt das Cabriolet im Sprint damit eine halbe Sekunde gegenüber der Limousine ein. Auch der Verbrauch liegt mit 8,9 Litern beim Schalter und 9,7 Litern mit Automatik deutlich höher als bei der Limousine. Bei zügiger Fahrweise sind auch 15 Liter Verbrauch möglich. Mit diesem Trinkverhalten kann der offene 9-3 nicht punkten.
Geht sicher ums Eck
Zum flotten Cruisen reichen die Fahrleistungen allemal aus. Im Kurvenkarussell offenbart der 9-3 leichte Schwächen. Er wirkt nicht sonderlich handlich, und bei groben Unebenheiten reagiert die Lenkung nervös. Untersteuerungstendenzen sind in schnellen Kurven deutlich spürbar. Doch wenn es brenzlig wird, hält die Elektronik den Wagen immer auf Kurs. Das Stabilitätsprogramm ESP zusammen mit der Bremsregelung in Kurvenfahrt sorgt für ein hohes Sicherheitsniveau. Die Regeleingriffe sind sanft und kaum wahrnehmbar. So wedelt der 9-3 selbst bei hoher Geschwindigkeit gutmütig und sicher ums Eck. Für das hohe Sicherheitsniveau sorgen außerdem die kraftvoll zupackenden Bremsen mit ABS, elektronischer Bremskraftverteilung und mechanischem Bremskraftverstärker. Die Traktionskontrolle TCS ist ebenfalls serienmäßig.
Überrollbügel und Airbags
Auch für die passive Sicherheit hat das 9-3 Cabriolet einiges zu bieten: Zwei ausfahrbare Überrollbügel schützen die Insassen bei Überschlägen. Sie sind zwischen Kofferraum und Fahrgastzelle versteckt und fahren bei drohendem Überschlag in Sekundenbruchteile automatisch aus. Zwei Frontairbags und seitlich in die Sitze integrierte Kopf-Thorax-Airbags sowie aktive Kopfstützen schützen die Insassen zusätzlich.
Ab 32.800 Euro geht es los
Seit August 2003 ist der 37750 Euro teure 2.0t Vector verfügbar. Anfang 2004 kommt das Einstiegsmodell 1.8t Linear für 32800 Euro.
Eine günstige Alternative ist das Opel Astra Turbo Cabriolet für 29895 Euro. Mit seinen 200 PS bietet es hohe Fahrleistungen und viel Ausstattung. Weitere Konkurrenten des 9-3 Cabrio sind der BMW 320 Ci für 36700 Euro, das Volvo C70 Cabriolet 2.0T Comfort für 38510 Euro und der Mercedes CLK 200 Kompressor für mindestens 41644 Euro. Die letztgenannten drei Konkurrenten bieten ähnliche Fahrleistungen, sind aber ausstattungsbereinigt zum Teil deutlich teurer als das Saab 9-3 Cabrio.
Gesamtwertung
Fazit: Gefällige Optik, viel Platz, umfangreiche Ausstattung und ein hochwertiges Verdeck
Der offene Saab 9-3 setzt die 1986 begonnene Cabrio-Tradition bei Saab auf überzeugende Weise fort. Der neue Schweden-Aufschnitt bietet ein modernes Verdeck mit ausgeklügelter Mechanik und guter Isolierung. Seine umfangreiche Sicherheitsausstattung minimiert Unfallrisiken und sorgt für ein nahezu narrensicheres Fahrverhalten. Weiterhin spricht für ihn das reichhaltige Platzangebot für Gepäck und Passagiere. Seine edle und etwas eigenwillige Optik außen und innen dürfte vor allem Individualisten ansprechen.
Negativ sind hingegen das hohe Gewicht und der Spritkonsum. Fahrleistungen und Fahrverhalten sind trotz des kräftigen Motors nicht sonderlich sportlich. Die Materialanmutung im Innenraum offenbart kleinere Schwächen. Schließlich ist der Preis für das 9-3 Cabriolet recht happig. Dafür bekommt man aber eine umfangreiche Ausstattung und viel Technik geboten.
(mh)
Modell |
Saab 9-3 Cabriolet 2.0t |
Motor
|
Bauart |
Vierzylinder- Reihenmotor mit Turbolader (0,70 Bar), vier Ventile pro Zylinder |
Hubraum |
1.998 cm³ |
Leistung |
129 kW bei 5.500 U/min |
max. Drehmoment |
265 Nm bei 2.500 U/min |
Maße
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Länge |
4.635 mm |
Breite |
2.038 mm |
Höhe |
1.434 mm |
Radstand |
2.675 mm |
Leergewicht |
1.655 - 1.760 kg |
Messwerte
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Höchstgeschwindigkeit |
220 km/h |
Beschleunigung (0-100 km/h) |
9,0 s |
Verbrauch gesamt |
8,9 l/100 km |
Stand: